In den Neunzigern war Power-Wrestling bei den großen Tour von WWE (WWF) stets ganz dicht dran! Wir veröffentlichen Original-Erlebnis-Berichte von Wolfgang Stach aus dieser Zeit. Im sechsten Teil geht’s in den Februar 1994.
Falls du die Reihe chronologisch lesen möchtest, findest du hier den ersten Teil.
Die erste WWE-Tour im Jahr 1994 endete frühzeitig für Marty Jannetty, der im Laufe der Tour nach Hause geschickt und dann gefeuert wurde. Events gab es unter anderem in Wien und Innsbruck, aber auch in Israel. In Deutschland standen Dortmund (6.2.94), Frankfurt (9.2.94), Kiel (10.2.94) und Koblenz (12.2.94) auf dem Spielplan.
In Dortmund kam es damals zu diesen Ergebnissen in der Westfalenhalle: Adam Bomb bes. Billy Gunn; Kwang bes. Jim Powers; Rick & Scott Steiner bes. WWF Tag Team Champions The Quebecers durch Disqualifikation; Lex Luger bes. Jeff Jarrett; Doink the Clown bes. Bam Bam Bigelow; Diesel bes. Marty Jannetty (Jannettys letztes WWF-Match für rund anderthalb Jahre); Bret Hart bes. WWF-Champion Yokozuna durch Disqualifikation.
Seine Tour-Erlebnisse veröffentlichte Wolfgang in „WFA Power-Wrestling 1/1994“ und beginnen nachfolgend:
Im Februar stand die nunmehr achte WWF-Tournee durch Deutschland auf dem Programm. Und auch diesmal war der Schreiber dieser Zeilen auf Achse, um für Euch die neuesten Infos zu bekommen.
Nach der Geburt seines Sohnemannes Carlton viel umgänglicher als sonst entpuppte sich Bam Bam Bigelow. Scott war besonders früh darüber, dass die Geburt insgesamt recht einfach verlief und Frau und Stammhalter wohlauf sind.
Er verriet mir, dass er beim Royal Rumble recht krank war (und dieses verletzungsbedingte Unwohlsein bis heute noch nicht überwunden hat; so hielt er sich dann auch die ganze Tour über mit starken Schmerzmitteln aufrecht). Um so höher ist seine Leistung einzuschätzen (meiner Meinung nach war sein Match gegen Tatanka kämpferisch der beste Fight).
Nach der Tour durch Österreich, Deutschland, Israel und der Schweiz, die sehr anstrengend war, freute er sich auf seinen Urlaub, den er mit Angeln (!) verbrachte.
Wie von vielen bereits angekündigt, entpuppte sich Luna (Gertrude Elizabeth Hurd Vachon) als äußerst nette und liebenswerte Person. Sie ist privat das genaue Gegenteil dessen, als das sie sich im Ring präsentiert.
Luna ist regelrecht verknallt in Owen Harts Sohnemann Oje. Als ich ihr dann ein besonders süßes Bild von Oje und Martha zeigte, wurde dies von ihr dann sofort konfisziert. Als ich ihr dann in Frankfurt erzählte, dass Oje zwei Tage zuvor einige Stufen der Haustreppe heruntergekullert war und stark aus dem Mund blutete, war ihr Entsetzen groß. Glücklicherweise war es aber nochmals glimpflich ausgegangen, und einen Tag später spielte er seinen Eltern schon wieder Streiche.
Ein besonders nettes Wiedersehen wurde mit Pierre von den Quebecers (Carl Ouelett) gefeiert, der ja 1992 noch als „Wild Carl Wallace“ in der CWA aufgetreten war. Es tat ihm leid, dass seine Absage 1993 ganz kurzfristig vor dem Grazer Turnier erfolgte, für das er bereits verpflichtet war, aber – und da muss man ihm sicherlich recht geben – ein Angebot aus der WWF konnte er schlecht ausschlagen. Und der Erfolg gibt ihm recht!
Dennoch zeigte er sich sehr interessiert an dem, was so in den vergangenen Monaten in der CWA passierte, an die er insgesamt nur gute Erinnerungen hatte. Viele WWFler wollten dabei auch aus „erster Hand“ erfahren, wie Larry Cameron wirklich starb. In den USA kursierten noch immer die wildesten, nicht haltbaren Gerüchte.
Entsetzt zeigten sich alle über ein Foto von Dynamite Kid, das ich in Krefeld aufgenommen hatte. Scott Steiner sah es sich etwa eine Minute lang an, schüttelte nur den Kopf und murmelte mehrfach vor sich hin: „Oh god, oh god“. Auch die anderen konnten es nicht fassen, wie Dynamite aussieht. „Der wandelnde Tod“ war noch eine der harmlosesten Aussagen.
Da ich erst einige Tage zuvor mit Davey Boy in England telefoniert hatte, war auch hier das Interesse groß. Besonders interessiert war man an seinen Ausführungen über den Vorfall in Calgary, weil hierüber auch großer Unsinn in den USA erzählt wird.
Tony Garea, der Tourmanager der WWF, zeigte sich – zu Recht – über die immer weiter abnehmende Höflichkeit in Deutschland und speziell auch den Luxushotels in „Good Old Germany“ enttäuscht.
Ihm war auf seinem Zimmer das Telefon kaputt gegangen, und es hatte Ewigkeiten gedauert und Gespräche mit vielen Hotelangestellten bedurft, bis er dann endlich seine Familie in den Staaten anrufen konnte.
Doch dies war nicht alles, trotz eines fast leeren Restaurants hatte es fast 25 Minuten gedauert, bis er sein Omelette aus vier Eiklar, Tomaten und Champignons bekam! Glücklich konnte sich hingegen Jim Powers schätzen – bei ihm kam es bereits nach 20 Minuten, obwohl er sogar ein Omelette aus sechs Eiklar bestellt hatte!
Apropos Jim Powers: Er entpuppte sich als einer der sympathischsten Leute, die ich bisher im Wrestling kennengelernt habe. Er zeigte sich ein bisschen enttäuscht darüber, dass er in jüngster Zeit so wenig im Fernsehen zu sehen war, dafür aber andere Leute, die nur ein Zehntel seines beachtlichen Könnens haben, einen großen Push erhielten. Da er sehr eng mit Davey befreundet ist, zeigte er sich an den Neuigkeiten über ihn natürlich sehr interessiert. Leider misslangen mehrere Versuche, Davey telefonisch zu erreichen.
Da er den Bus der WWFler zum Gym verpasst hatte (schuld war das gemeinsame Mittagessen), erlaubte ihm Tony Garea dann, mit Tanja, Guido und mir in einem Wagen nach Koblenz zu fahren, wo dann noch sehr interessante Gespräche geführt wurden.
Als wir den Elzer Berg passierten, konnte er nicht glauben, dass es fest installierte Radarfallen gibt, die auch bei sehr hoher Geschwindigkeit noch gestochen scharfe Fotos machen können. Da Guido ein Porträt bei sich hatte, dass bei 150 Stundenkilometer geschossen worden war, konnten wir ihm die Richtigkeit unserer Worte direkt plastisch beweisen. Sein einziger Kommentar war, dass er hofft, dass etwas Derartiges nicht in den USA eingeführt wird, die Polizisten sich vielmehr auch weiterhin auf ihre Radarpistolen verlassen werden.
Erschüttert war er, wie die meisten WWFler, über das Schicksal Marty Jannettys der ja nicht ganz freiwillig in die USA zurückgeschickt wurde.
Da derzeit die wildesten Spekulationen hierüber kursieren, selbst in Catcherkreisen nicht genau bekannt ist, was in Dortmund passiert war, will ich mich an dieser Stelle aller Spekulationen enthalten. Jimmys einziger Kommentar hierzu war, er wisse nicht, warum Marty nach Hause geschickt wurde, er habe jedenfalls nicht mehr getan, als die meisten anderen WWFler auch, und ihnen sei schließlich nichts geschehen!
Und was machte Bret? Der arme Kerl konnte einem wirklich leidtun. Er brauchte sich in der Öffentlichkeit nur kurz sehen lassen, schon war er von hunderten von Fans umlagert, so dass man Angst haben musste, er würde erdrückt.
Das Hotel in Dortmund war noch so clever, die Bar für die WWFler zu reservieren, so dass nur hereinkam, wer hierzu von der WWF oder von Mama Concerts die Erlaubnis bekam. Dadurch war es abends noch einigermaßen ruhig, nachdem am Nachmittag die Lobby fast wegen Überfüllung geschlossen werden musste.
In Frankfurt kam Bret nur kurz in die Bar und flüchtete sofort wieder, nachdem bestimmt um die 100 Leute sich schon fast darum prügelten, von ihm ein Autogramm zu bekommen. Neben den 5,20-Mark-Mädchen, die von Tour zu Tour mehr werden und eine Schande für das weibliche Geschlecht darstellen, benahmen sich aber auch viele „normale“ Fans vollkommen daneben.
Es geht einfach nicht an, wenn diese wie aufgedreht über die Hotelflure rennen und an jedem Zimmer klopfen, wo ein WWFler drin sein könnte. Dass hierauf etliche stinksauer reagierten und sich beschwerten, braucht wohl nicht extra erwähnt zu werden.
Dieses wirft aber auch ein bedeutsames Licht auf die angeblichen Luxushotels. Werden Rock-Superstars hermetisch abgeschirmt, handelt es sich bei den WWFlern ja „nur“ um Catcher. Da braucht man ja nicht Sorge dafür zu tragen, dass diese nach der Show wenigstens etwas ihre Ruhe haben.
Es ist vollkommen richtig, dass diese Leute durch ihren Star-Status auch von Fans umlagert werden und dass es ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit ist, Autogramme zu geben. Nur sollte sich dies doch vor das Hotel konzentrieren und vielleicht noch auf die Lobby. Spätestens in der Bar müsste aber Schluss ein.
Denn es handelt sich bei ihnen auch um Menschen, die eine Privatsphäre haben und nach getaner Arbeit einmal abschalten und ihre Ruhe haben möchten. Und dieses sollten auch die Fans akzeptieren und die Hotels dafür Sorge tragen, dass dies ggf. mit netten, aber bestimmten Worten erreicht wird.
Drei Wrestler sollten noch besonders hervorgehoben werden: Zum einen Lex Luger, der im Dortmunder Hotel bestimmt eine halbe Stunde geduldig Autogramme schrieb, bis auch wirklich der letzte seines erhalten hatte.
Die beiden anderen sind Doink (Rey Licameli) und Bob Backlund (dessen Kampfstil aber immer schlimmer wird). Beide hatten in Koblenz gesehen, dass viele Rollstuhlfahrer an der Absperrung standen. Für beide war es dann eine Selbstverständlichkeit, über die Absperrung zu hopsen und ihnen die Hand zu schütteln.
Zu Koblenz muss ich sagen, es war ohnehin das disziplinierteste Publikum, das ich bislang bei einer WWF-Show gesehen habe. Mit Ausnahme des Bret-Kampfes, nach dessen Ende die Absperrung gestürmt wurde, blieben die Leute vor, während und nach den Kämpfen auf ihren Plätzen sitzen, so dass auch wirklich jeder etwas sehen konnte.
Es ist immer schrecklich, wenn selbst ältere Leute manchmal wie verrückt nach vorne stürmen und sich dann alle in den nachfolgenden Reihen Sitzende erheben müssen, um überhaupt etwas zu sehen. Die Dummen sind dann natürlich wieder die Kinder!
Ein lustiges Erlebnis aus dem letzten Tour-Hotel soll nicht unerwähnt bleiben: Ich hatte das tragbare Power Video-Telefon mit mir. Jimmy und ich hatten schon in Dortmund versucht, Davey zu erreichen, aber leider hatte es damals nicht geklappt. Nun sollte ein neuer Versuch gestartet werden (hierzu muss erwähnt werden, dass Davey mich bat, seine Nummer in England auch Freunde von ihm und Promoter nicht herauszurücken, da er nicht möchte, dass diese in größeren Kreisen bekannt wird; selbstverständlich hielt ich mich an diese Bitte).
Davey war nicht zu Hause, also sprachen wir auf seinen Anrufbeantworter, wo wir Jimmys und Brets Zimmernummer hinterließen und um einen Rückruf baten. Dieser folgte dann auch – nur waren wir gerade Richtung Koblenz losgefahren.
Abends im Hotel erhielten wir dann Daveys Nachricht und versuchten erneut, ihn an die Strippe zu bekommen. Aber da war Davey gerade fünf Minuten vorher aus dem Haus raus (wir hinterließen immer die Zeit, wann wir anriefen). Also versuchte Davey es wenig später erneut – aber an der Hotel-Rezeption waren sie nicht in der Lage, mal in der Hotelbar nachzufragen, obwohl sie wussten, dass praktisch alle WWFler dort waren.
Zu guter Letzt hat Davey Jimmy dann in dessen Haus im US-Bundesstaat New Jersey angerufen. Gefreut haben dürfte sich darüber die britische Telefongesellschaft!
Rick Steiner, dem Jimmy kurz das Telefon überreichte, hatte auch mitbekommen, dass irgendwelche Witzbolde in der ganzen Weltgeschichte herumerzählten, dass Davey Boy umgebracht werden soll (bei meinem Gespräch mit ihm am 5. März erfreute er sich jedenfalls noch bester Gesundheit), konnte es dann nicht sein lassen, Davey aufzufordern, nach Deutschland zu kommen, er werde ihn dann höchstpersönlich ermorden. Jedenfalls sorgte es in der Hotelhalle für erschreckte Gesichter, als Rick ins Telefon schrie: „I’ll kill you, Davey!“
Die "On Tour With WWE"-Reihe mit den Erlebnissen aus den frühen Neunzigerjahren besteht aus insgesamt 10 Teilen, die wir hier auf Power-Wrestling.de in nächster Zeit wiederveröffentlichen. Folge uns auf einem der nachfolgend genannten Kanäle, um den nächsten Teil nicht zu versäumen.
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