Saudi-Mania in Riad - Bild: (c) 2019 WWE. All Rights Reserved.
Saudi-Mania in Riad - Bild: (c) 2019 WWE. All Rights Reserved.

Die Rückreise der WWE-Superstars aus Saudi-Arabien nach dem Event „Crown Jewel“ verlief alles andere als reibungslos. War lediglich eine technische Panne daran Schuld – oder steckt mehr dahinter? Wir stellen die Fakten und die Spekulationen gegenüber.

Nach Crown Jewel am Donnerstag wollte das WWE-Management einen straffen Zeitplan einhalten: Eine Chartermaschine sollte noch in der Nacht auf Freitag um 3 Uhr Ortszeit aus Riad abheben. Mit New York als Ziel, wo bereits am nächsten Tag die SmackDown-Superstars live im Fernsehen auftreten sollten.

Doch während WWE-Boss Vince McMahon, WWE-Fernsehchef Kevin Dunn und der engere Mitarbeiterkreis der Firmenspitze auf einem Privatflieger Saudi-Arabien bereits verlassen konnte, hob die Chartermaschine von „Air Atlas“ mit rund 175 WWE-Wrestlern und -Mitarbeitern nicht ab.

DIE FAKTEN ZUM REISESTRESS

Später erklärte WWE in einem Statement, „verschiedene Probleme mit dem Flugzeug, darunter mechanische Probleme“ hätten den geplanten Abflug verhindert. Am vergangenen Freitag veröffentlichte Air Atlas eine ausführliche Stellungnahme, in der diese technischen Probleme bestätigt wurden.

Die Maschine mit den Insassen hielt sich für rund sechs Stunden auf dem Rollfeld auf, ehe die Wrestler und Mitarbeiter in ein Hotel zurückkehrten.

Neben Vince McMahon und seinem Team hatten zu diesem Zeitpunkt auch bereits Brock Lesnar und Paul Heyman sowie Hulk Hogan, Jimmy Hart und Ric Flair auf separaten Privatflügen Saudi-Arabien verlassen. Auch Boxer Tyson Fury und sein Team dürften zu diesem Zeitpunkt bereits abgereist sein, zumindest waren sie kein Teil der WWE-Reisegruppe.

Eine separate Chartermaschine wurde am frühen Freitagmorgen Ortszeit arrangiert, mit der rund 20 WWE-Stars und einige Mitarbeiter Saudi-Arabien getrennt von der übrigen Gruppe verließen. Darunter jene, die für SmackDown angekündigt waren: Roman Reigns, Bray Wyatt, The Revival, The New Day, Shinsuke Nakamura und andere.

WWE formulierte in ihrer eigenen Meldung: „Einigen Superstars war es so wichtig, dass sie einen eigenen, separaten Charter organisierten, um es zur Show in die USA zu schaffen“. Auch der Flug kam nicht mehr rechtzeitig in den USA an, so dass diese Aktiven allesamt nicht bei SmackDown auftreten konnten.

Der Großteil der gestrandeten WWE-Mitarbeiter, damit noch über 150 Personen, konnte nach einer weiteren Übernachtung in Saudi-Arabien am späten Freitagabend Ortszeit endlich das Land verlassen. Die Gruppe kam am frühen Samstagabend (dt. Zeit) in den USA (New York) an.

WWE SmackDown wurde unterdessen mit dem Einbinden zahlreicher NXT-Stars gerettet, im Main Event der Show gewann NXT-Champion Adam Cole gegen Daniel Bryan. Auch das war für WWE ein Laste-Minute-Unterfangen: Die NXT-Stars kamen mit einer Chartermaschine aus Florida erst nach Sendestart an der Halle in Buffalo, New York, an.

SPEKULATIONEN: FÜHRTE MACHTSPIEL ZUR FLUGVERZÖGERUNG?

Die schwierige Rückreise der WWE-Stars ist von vielen Gerüchten begleitet worden. Tatsächlich gab es Aussagen, Vince McMahon habe sich vor Ort mit den Saudi-Verantwortlichen über verspätete Zahlungen angelegt und die Zuführung des TV-Signals zum ausstrahlenden Sender MBC Action erst untersagt, so dass die Show dort erst nicht planmäßig auf Sendung ging. Zuschauer auf Twitter fragten beim Sender anfangs über die fehlende Ausstrahlung von WWE Crown Jewel nach.

Fakt: Aus dem neuesten Quartalsbericht, der ebenfalls am Donnerstag veröffentlicht wurde, ging hervor, dass eine hohe zweistellige Millionensumme ausstehend war. WWE Co-President George Barrios bestätigte, dass nach Ablauf des Quartals (also zwischen dem 30. September und dem 31. Oktober) eine Zahlung von 60 Millionen US-Dollar erfolgt ist.

Hat es tatsächlich ein solches Powerplay zwischen Vince McMahon und den Saudis gegeben? Und war ein verhinderter Abflug der Maschine durch die Saudische Regierung die Antwort im Machtspiel beider Parteien?

Innerhalb von WWE gibt es nicht wenige Mitarbeiter wie Aktive, die genau das glauben. „Wir waren Pfand in einem Schwanzvergleich“, soll ein Aktiver gegenüber Dave Meltzer vom Wrestling Observer geäußert haben.

Ein AJ Styles unterstrich am Wochenende, dass es sich um technische Probleme handelte. Andere Akteure fühlten sich zeitweise dagegen wie Gefangene in einem politischen Machtspiel.

Manche Wrestler twitterten klare oder zweideutige Aussagen. Und wieder andere waren unzufrieden damit, wie WWE den Abflug einer separaten Maschine mit 20 Mitarbeitern in der Öffentlichkeit darstellte. Entsprechend ist die Moral des Kaders nach diesen Erlebnissen in weiten Teilen auf einem absoluten Tiefpunkt angekommen: Ob technisches Problem oder nicht, wurden die Mitarbeiter letztlich vom obersten Managementteam zurückgelassen.

Bisher ist die Geschichte in den USA noch von keinen nennenswerten Mainstream-Medien aufgegriffen worden – und WWE wird alles dafür tun, dass es so bleibt.

Antworten auf einige offene Fragen und die vielen Spekulationen wird es so oder so 2020 geben: Wird WWE wieder nach Saudi-Arabien zurückkehren? Immerhin besteht die Vereinbarung zwischen WWE und dem Königreich für weitere acht Jahre. Und wenn wieder ein Event angesetzt wird, werden die Wrestler, die sich jetzt negativ äußern, eine Teilnahme verweigern – oder das Spiel wieder von Neuem mitspielen …

Eine Frage hat WWE bereits beantwortet: 2020 geht es weiter mit Live-Events in Saudi-Arabien. Mehr dazu hier.