John "Bradshaw" Layfield kommt in die WWE Hall of Fame

WWE News
Mittwoch, 04 März 2020 um 6:22
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John "Bradshaw" Layfield, oder kurz: JBL, kommt 2020 in die WWE Hall of Fame. Wir erinnern uns an die erfolgreichste Phase seiner Karriere - im Sommer vor 16 Jahren!

John "Bradshaw" Layfield wird am 2. April in die WWE Hall of Fame aufgenommen. Das ist bei "WWE Backstage" am Dienstag feierlich verkündet worden.

JBL kam als wilder Texaner zu WWE, wurde in Attitude-Zeiten an der Seite von Ron Simmons ("APA") berühmt. Später kam der Einzel-Push: Vom Sommer 2004 bis ins Frühjahr 2005 hielt Layfield den WWE-Titel 280 Tage am Stück.

Im nachfolgenden Artikel tauchen wir in Bradshaws erfolgreichsten Sommer ein ...

DER GROSSE AMERIKANER

Wer kann sich noch an den WWE-Champion aus dem Sommer vor bald 16 Jahren erinnern? Genau: Es war der ewige Tag Team Wrestler John „Bradshaw“ Layfield, der plötzlich den SmackDown-Kader anführte – und den Konflikt mit den Fans jenseits der texanischen Grenze suchte.

Im Frühjahr 2004 war John „Bradshaw“ Layfield zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Über Jahre hatte der gebürtige Texaner das Tag Team Wrestling in der WWE mitbestimmt oder als Einzel-Akteur eine Rolle im Mittelfeld der Liga gespielt. Sein Bündnis mit Ron Simmons, der über die Jahre auch zu einem seiner besten Freunde gereift war und 2005 sogar Trauzeuge bei seiner zweiten Hochzeit werden sollte, war einer der Eckpfeiler der Attitude-Ära. Als „Acolyde Protection Agency“ (oder kurz: APA) hatten Bradshaw und Faarooq ihre schlagkräftigen Fähigkeiten denjenigen zur Verfügung gestellt, die am besten bezahlten. Ansonsten sah man die beiden auch gern backstage beim Pokerspielen und Zigarrenrauchen herumsitzen.

Von diesem für die Attitude-Ära quasi maßgeschneiderten Gimmick blieb in den nachfolgenden Jahren nur noch wenig übrig, zumal Ron Simmons hinter den Kulissen mehrfach angedeutet hatte, seine Wrestlingstiefel endgültig an den Nagel hängen zu wollen. Im März 2004 war es dann soweit: Intern war der Abschied von Simmons bereits beschlossene Sache. Vordergründig verpackte man das Ende der APA so, dass der damalige SmackDown-Entscheider Paul Heyman Faarooq und Bradshaw vor eine Aufgabe stellte. Würden sie ein Match gegen Rikishi und Scotty 2 Hotty, die amtierenden Tag Team Champions nicht gewinnen, könne die APA gleich ihre Pforten schließen.

Im anschließenden Streit mit Heyman entschied sich Simmons endgültig dazu, das Sports-Entertainment hinter sich zu lassen. Doch nicht so JBL, der das Karriereende seines Freundes darin ummünzte, auf einen Erfolg hinzuarbeiten, den zu diesem Zeitpunkt sicher nur die wenigsten Experten vom damals 37-jährigen erwartet hätten.

JBL ALS WRESTLING-TYCOON: EINE SCHNELLE TRANSFORMATION

Der APA konnten die Fans damals auch gar nicht lange hinterhertrauen. Denn es dauerte gerade einmal eine Woche, bis Bradshaw sich in neuen Kleidern bei SmackDown präsentierte: Aus dem trinkenden Raufbold Bradshaw war der konservative Geschäftsmann John „Bradshaw“ Layfield geworden. In feinstem Zwirn und mit dem unverkennbaren texanischen Cowboyhut zeigte der langjährige Tag-Team-Experte nun mehr von seiner wahren Persönlichkeit.

Zu diesem Zeitpunkt konnte Layfield nämlich bereits anderweitig auf sich aufmerksam machen: Mit einem guten Händchen fürs Geschäft hatte er bereits in den Jahren zuvor ordentliche Investments an der Börse gemacht und in der Zwischenzeit zum Thema Finanzmanagement einen Ratgeber „Have More Money Now“ veröffentlicht. Deshalb war der redegewandte Texaner in der Zwischenzeit sogar als regelmäßiger Experte vom Fernsehsender „Fox News“ engagiert worden.

Dieser persönliche Hintergrund wirkte natürlich wie geschaffen für einen Neustart im Wrestling mit einer dazu passenden Persönlichkeit. Denn mit diesem Background war die ideale Grundlage gegeben, sich als hochnäsiger Bösewicht, der sich besonders dank seines Geldes für etwas Besseres hielt, gegen das Wrestling-Publikum zu stellen.

Ein schnöseliger Anzugträger, der sich mit dem Publikum anlegt? Das klappt immer. Jüngere Fans werden sicher zuerst an Alberto Del Rio denken. Doch natürlich hatte auch ein JBL seine Vorgänger. Im Speziellen war das Hall of Famer Ted DiBiase, besser bekannt als der „Million Dollar Man“. Dieser hatte in den späten achtziger Jahren bereits den Zuschauern erniedrigende Aufgaben gestellt, um auf diesem Wege den Beweis anzutreten, dass jeder Mensch seinen Preis für den Million Dollar Man habe.

Ein Segment bei WWE SmackDown vom 7. April 2004 wirkte wie eine direkte Kopie dieser früheren Einlagen mit Ted DiBiase: Hier wählte Bradshaw nämlich einen Zuschauer aus dem Publikum aus, der innerhalb einer Minute die Motorhaube seiner gehörnten Limousine blitzblank polieren sollte. Der junge Mann schaffte es am Ende nicht die 1.000 US-Dollar zu ergattern – aber auch nur deshalb, weil JBL vor Ablaufen der Uhr noch einmal vorsätzlich das Politurmittel auf der Motorhaube verteilte. Auf ähnliche Art und Weise hatte bereits der Million Dollar Man über 15 Jahre zuvor den Zorn der Fans auf sich gezogen – etwa wenn junge Zuschauer seine Schuhe putzen mussten.

IT’S NO FUN BEING AN ILLEGAL ALIEN: JBL STELLT SICH GEGEN DIE IMMIGRANTEN

Doch die Politur-Aktion bei SmackDown hatte im Falle von JBL noch ein besonderes Geschmäckle, das einst beim Million Dollar Man keine Rolle spielte: Er führte an diesem Abend nämlich explizit einen jungen Mann mit südamerikanischer Herkunft vor. Dem guten Enrique empfahl JBL sogar, sich doch besser Ricky zu nennen und unterstellte ihm letztlich unterschwellig, ein fauler Bengel zu sein, der das Geld einfach nicht verdient hätte.

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Die Botschaft Bradshaws wurde in den darauffolgenden Wochen lauter und lauter. Der Gipfel war erreicht, als JBL ein Video von der texanischen Grenze präsentierte, wo er illegale mexikanische Einwanderer mit einem persönlichen Arschtritt wieder zurückschickte. „Ich bin Amerikaner, ein echter Texaner. Ich habe in diesem Land, das wir Amerika nennen, einen Reichtum angehäuft und weiß, was solche Leute unserer Wirtschaft antun“, lautete seine Botschaft. JBL äußerte eine klare Meinung, die er von seiner Regierung vermisse, und sprach sich gegen die „Faulpelze“ aus, die über die Grenze kommen würden, um auf seine Kosten zu leben.

So viel erzkonservativer Patriotismus, den die liberale Gegenfront gewiss mit anderen Begriffen beschrieben hätte, kam beim amerikanischen Helden Kurt Angle immerhin gut an. Und das half wiederum JBL, hatte Angle in der Zwischenzeit nämlich das Heft des SmackDown General Mangers von Paul Heyman in die Hand genommen. Angle hatte in Bradshaw durch diese Aktion den „Great American“ gefunden, den er überall gesucht hatte und ernannte ihn damit zum #1-Herausforderer auf den amtierenden WWE-Champion.

Und nicht durch Zufall war dieser amtierende WWE-Champion zu jener Zeit ein ziemlich stolzer Mexikaner, der sich natürlich gegen die von Layfield verkündete Botschaft auflehnte. Auch wenn die Art, eine Wrestling-Story vor diesem Hintergrund zu erzählen, bestimmt nicht überall gleich gut ankam, war die Grundlage für eine erbitterte Rivalität zwischen John „Bradshaw“ Layfield und dem seit Februar 2004 amtierenden WWE-Champion Eddie Guerrero geschaffen (er hatte Brock Lesnar das Gold abjagen können).

Auf dem Weg zu diesem Match tat JBL noch alles dafür, den Zorn der spanischsprachigen Fans aufs Äußerste zu schüren. So attackierte Bradshaw Eddie bei einem Live Event in dessen Heimatstadt El Paso während einer besonderen Ehrung der Guerrero-Familie. Infolge erlitt auch die anwesende Mutter Eddies einen „Schwächeanfall“. Und überhaupt nutzte Bradshaw jede Gelegenheit, sich über die mexikanische Wrestlingkultur lustig zu machen.

Die WWE zog die Story mit großer Berechnung auf: Zu dieser Zeit lief SmackDown nämlich noch im frei empfangbaren Fernsehen und war auf dem Kanal UPN in fast allen Regionen des Landes zu empfangen – auch ohne kostenpflichtigen Kabelanschluss. So schauten SmackDown damals verstärkt Wrestlingfans mit südamerikanischen Wurzeln, die mit Eddie Guerrero ihren Helden zum Anfeuern und JBL den bitterbösen Gegenspieler geradewegs serviert bekamen.

MIT JEDER MENGE BLUT ZUM SIEG: CHAMPION NACH ZWEI ANLÄUFEN

Der persönliche Konflikt mündete am 16. Mai 2004 im ersten Match um den WWE-Titel. Bei WWE Judgment Day gab es einen Kampf, „das man so schnell nicht vergessen wird“. So lauteten damals jedenfalls unsere Worte zum Match, die wir als „perverse Blutschlacht“ einsortierten. Tatsächlich gab es über die Jahre sicher kaum einen anderen Main Event bei einer WWE-Großveranstaltung, bei dem so viel Blut floss wie hier. Das ***1/2-Match endete nach dramatischen Szenen und „definitiv zu viel Blut“ mit einem Champion, der sich dank des Einsatzes seines Titelgürtels als Schlagwerkzeug per Disqualifikation rettete. Nach knapp über 23 Minuten Kampfzeit stand JBL als Sieger fest – und sicher war damit ebenfalls, dass nach der Kontroverse ein Rückmatch her musste.

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Dieses folgte bei der nächsten SmackDown-Großveranstaltung: Der Great American Bash 2004 sollte am 27. Juni die perfekte Plattform für einen großen Amerikaner darstellen: Tatsächlich gelang es hier JBL nämlich, Eddie Guerrero den WWE-Champion-Titel in einem Texas Bullrope Match abzunehmen – jedoch nicht ohne Kontroverse. Um das Match zu gewinnen, musste einer der Protagonisten in schneller Folge alle vier Ringecken berühren. Doch beide Männer waren mit einem dicken Seil miteinander verbunden und konnten sich durch munteres Hin- und Her-Geziehe davon abbringen, eben diese vier Ecken zu berühren.

Die Entscheidung fiel dann denkbar knapp aus. Der Champion wie auch der Herausforderer hatten hintereinander in drei Ecken greifen können. Die vierte Ecke berührte ein heranfliegender Eddie Guerrero mit der Hand zuerst, während JBL allerdings noch vorher mit seinem Rücken in die Ecke knallte. Erst wurde eine Titelverteidigung Eddie Guerreros ausgerufen, als dann aber SmackDown General Manager Kurt Angle im Rollstuhl in die Halle geschoben wurde und klarstellte: „Es ist egal, wie man die Ringecke berührt!“ Demzufolge war JBL (dank des heranfliegenden Eddie Guerreros) zuerst mit dem Rücken voran in der Ringecke gelandet und hatte damit nicht nur das Match, sondern im gediegenen Wrestling-Alter von 37 Jahren zudem die WWE Championship gewinnen können.

LANGLEBIGER ALS GEDACHT: JBL VERKAUFT SICH AN DER SPITZE

Dieser Erfolg gegen Eddie Guerrero war der Startschuss zu einer Regentschaft Bradshaws, die sicher länger anhielt, als es damals die meisten Fans für möglich gehalten hatten. Denn JBL war gerade bei den Hardcorefans nicht gerade der angesagteste Superstar. Hatten Champions wie Eddie Guerrero, Brock Lesnar oder Kurt Angle in den Jahren zuvor für einige herausragende Matches gesorgt, lebte John „Bradshaw“ Layfield in erster Linie von seiner Persönlichkeit und sicher weniger von den technischen Finessen zwischen den Seilen.

Damals war der Texaner allerdings ganz einfach zur richtigen Stelle bereit: Nachdem die Euphorie des nun seit über drei Jahren beendeten Montagskrieges zwischen WWE und WCW verflogen und durch die strikte Kadertrennung in Raw und SmackDown gerade auf der Seite des zweitwichtigsten Kaders (also SD) das Personal ein wenig übersichtlicher geworden war, wurde mit JBL ein langjähriger Wrestler aus der zweiten Reihe für ein gutes Jahr in die Main-Event-Position gehievt. Fehlende Wrestlingfinessen machte Bradshaw ganz klar durch beherzten Einsatz wett.

„Weil der Titelgewinn für mich so spät und letztlich unerwartet kam, konnte ich diesen Erfolg umso mehr genießen“, verriet Bradshaw Jahre später in einem Interview. Und auch wenn viele Fans von damals sich nicht als Freunde von JBL als Main Eventer outeten, so wird er von heutigen Zuschauern selbst in seiner Rolle als Kommentator umso mehr bejubelt. Es zahlt sich halt aus, Durchhaltevermögen zu beweisen.

Was Layfields im Sommer 2004 gestartete Titelregentschaft anging: Im August traf er beim SummerSlam auf den Undertaker, konnte sich durch Disqualifikation behaupten. In der Zwischenzeit hatte sich JBL übrigens mit Orlando Jordan seinen eigenen dunkelhäutigen Bediensteten an die Seite geholt, um sich noch mehr dem bereits erwähnten Million Dollar Man (mit Virgil) anzugleichen. Für JBL folgten als Champion weitere Duelle mit dem Taker, mit Eddie, Booker T, Kurt Angle oder auch Big Show.

Doch niemand konnte die Regentschaft des reichen Texaners brechen. Dazu musste erst ein gewisser John Cena emporsteigen. Der junge Cena hatte bei WrestleMania XX mit dem US-Titel erstmals Gold in der WWE gewonnen. Ein Jahr später, bei WrestleMania 21, forderte er John „Bradshaw“ Layfield und gewann an diesem Abend in Los Angeles erstmals den WWE-Titel. JBL hatte nach imposanten 280 Tagen als Champion damit den Weg für John Cena, den nächsten großen Amerikaner an der Spitze des Sports-Entertainment, geebnet.