WWE-Gründer Vince McMahon / Grafik: (c) 2023 TKO Group Holdings
WWE-Gründer Vince McMahon / Grafik: (c) 2023 TKO Group Holdings

Eine frühere WWE-Mitarbeitern hat am Donnerstag Klage gegen Vince McMahon eingereicht. Die Vorwürfe eröffnen eine neue Dimension des Grauens.

Die Schlagzeilen um einen Sex- und Schweigegeldskandal begleiten WWE seit 2022. Damals drang an die Öffentlichkeit, dass Vince McMahon – zu diesem Zeitpunkt noch Chef des Wrestling-Unternehmens – seine Macht-Position gegenüber weiblichen Angestellten ausnutzte. Affären wurden mit finanziellen Zahlungen in Millionenhöhe vertuscht. 

Im Sommer 2022 ging McMahon deshalb in den vermeintlichen Ruhestand, nur um Anfang 2023 zurückzukehren und eine Übernahme von WWE durch den Medienriesen Endeavour voranzutreiben. 

Zwar fiel McMahon zuletzt aus dem Tagesgeschäft der Wrestling-Promotion heraus, doch bis heute blieb er als Vorstandsvorsitzender eine der mächtigen Figuren im neugegründeten Unternehmen „TKO“. 

Klageschrift macht das ganze Ausmaß der Sex-Verbrechen öffentlich

Was McMahon letztlich im Spiel hielt, waren die eher vagen Informationen, zu dem, was hinter den Kulissen seines Unternehmens tatsächlich vorgefallen sein soll. 

Doch eine Klage, die heute vor dem Bezirksgericht in Connecticut eingereicht wurde, offenbart mit verstörenden Details die ganze Dimension der Sex-Verbrechen, die dem 78-jährigen zur Last gelegt werden. 

In dieser Klage unterstellt die frühere WWE-Mitarbeiterin Janel G. dem Unternehmen, Opfer von Sexhandel und sexuellem Missbrauch durch Vince McMahon und weitere Mitarbeiter geworden zu sein. 

Janel G. ist jene Frau, über die das „World Street Journal“ 2022 in Bezug auf die Schweigegeldzahlungen zuerst berichtet hatte. Später wurden durch eine interne Untersuchung ähnliche solcher Fälle um McMahon aufgedeckt.

Die Schweigegeldzahlung, so das Opfer, sei damals nach einer Million US-Dollar eingestellt worden. Vertraglich seien aber 3 Millionen US-Dollar zugesichert gewesen, dass sie im Gegenzeug nicht über die Verbindung mit McMahon öffentlich sprechen werde. 

Jerry McDevitt, McMahons Anwalt, hatte damals gegenüber dem „Wall Street Journal“ erklärt, die Beziehung zwischen der Frau und McMahon sei einvernehmlich gewesen. 

Doch die heute veröffentliche Klageschrift, die das „Wall Street Journal“ in einem langen Artikel aufgearbeitet hat, zeichnen ein ganz anderes Bild von McMahon und seinem Unternehmen. Daraus nachfolgend einige Auszüge:

(Trigger-Warnung: Die folgenden Auszüge aus der Klageschrift beschreiben teilweise explizit sexuelle Gewalt.)

Auszüge aus der Klage gegen McMahon und WWE

Die Klägerin Janel G. war im Sommer 2019 in einer administrativen Rolle in McMahons Rechtsabteilung eingestellt worden.

Während Arbeitsterminen habe McMahon sie in Unterwäsche begrüßt und Umarmungen gefordert. Sie sei zu sexuellen Handlungen gezwungen worden, während andere Mitarbeiter ihr nahlegten, darüber zu schweigen. 

Im März 2020 habe McMahon begonnen, ohne Zustimmung Nacktfotos und Videoaufnahmen von ihr mit nicht genannte Exexutives des Unternehmens und einem früheren UFC-Heavyweight-Champion (Brock Lesnar) zu teilen.

Auszug aus dem „WSJ“: „Er benutzte zwangsweise Sexspielzeug an ihr, darunter Dildos, die er nach WWE-Wrestlern benannte, was zu Blutergüssen und Blutungen führte, heißt es in der Klage. Janel G. behauptete, dass sie sich bei McMahon beschwert und versucht habe, die Beziehung zu beenden.“ 

McMahon habe das Opfer beruflich wie privat kontrolliert. Als sich ihr Zustand körperlich und mental verschlechterte, habe McMahon sie einen „Promi-Arzt“ verwiesen.

McMahon habe sie zudem rekrutiert, mit anderen Personen Sex zu haben. In der Klage wird vor allem der frühere WWE-Talentchef John Laurinaitis aufgeführt. In der Klageschrift finden sich dazu explizite SMS-Nachrichten und Beschreibungen der Vorgänge. Hinzu kommen weitere detaillierte Darstellungen, etwa wie sich McMahon im Sommer 2021 in einem privaten Zimmer im WWE-Firmengebäude an Janel G. verging. 

Zu den sexuellen Aktivitäten mit McMahon und Laurinaitis heißt es im „WSJ“-Artikel: „McMahon wies G. an, Laurinaitis in seinen Hotelzimmern zu besuchen, wo sie vor dem Beginn der Arbeitstage Sex mit Laurinaitis hatte, so die Klage. ‚Ich habe das Hotel jedes Mal mit einem schlechten Gewissen verlassen“, sagte G. zu McMahon.“

Und: „McMahon kontrollierte ihr berufliches und privates Leben und setzte sie Erniedrigungen aus, heißt es in der Klage. Bei der Begegnung im Juni 2021 im WWE-Büro zwangen sich McMahon und Laurinaitis der Klage zufolge ihr auf und hielten sie abwechselnd für den anderen fest, während sie „Nein heißt Ja“ und „Nimm es, B-“ sagten.“

Auch Brock Lesnar soll Sex mit dem Opfer gewollt haben 

Im Detail geht der „WSJ“-Artikel auf die Umstände im Sommer 2021 ein, als McMahon Janel G. aufgefordert haben soll, persönliche Nacktaufnahmen für ein WWE-Talent und früheren UFC-Heavyweight-Champion (Brock Lesnar) zu machen. 

McMahon soll Lesnar bei Vertragsverhandlungen Sex mit der Klägerin angeboten haben. 

Auszug aus dem „WSJ“: „In der Klage heißt es, McMahon habe die expliziten Fotos mit dem Star geteilt und G. mitgeteilt, dass ‚ihm gefällt, was er sieht‘. Nachdem der Star einem neuen WWE-Vertrag zugestimmt hatte, schrieb McMahon G. im August 2021 eine SMS, in der er ihr mitteilte, „dass ein Teil des Deals ist, dass er dich Fic*** darf“.

Im Dezember gab McMahon Janel G.’s persönliche Handynummer an den WWE-Star weiter, so die Klage. Der Wrestler bat sie, ein Video von sich selbst beim Urinieren zu schicken, und nachdem sie das getan hatte, nannte er sie eine „B-“ (Bitch). Im selben Monat, so die Klage, äußerte der Star den Wunsch, sich mit ihr zu verabreden, aber ein Schneesturm brachte seine Reisepläne durcheinander.“ 

Im Januar 2022 habe McMahons Ehefrau Linda von der Beziehung erfahren und auf G. Druck ausgeübt, eine Verschwiegenheitsklausel (NDA) zu unterschreiben.

Doch auch später, als Janel G. das NDA unterschrieben hatte, habe sich McMahon ihr erneut sexuell aufgedrängt. Bei einem letzten Treffen im März 2022 sei es zu Oralverkehr gekommen. Erneut habe McMahon versucht, sie für Sex mit einem WWE-Star zu vermitteln. 

Anwältin des Opfers veröffentlicht Statement, TKO schweigt

Nach Veröffentlichung einiger der verstörenden Inhalte aus der Klageschrift hat Ann Callis, die Anwältin des Opfers, auf Anfrage dieses Statement abgegeben. 

„Die heutige Klage zielt darauf ab, zwei WWE-Führungskräfte zur Rechenschaft zu ziehen, die die Klägerin Janel G. sexuell missbraucht und verschleppt haben, sowie die Organisation, die den Missbrauch begünstigt oder ein Auge zugedrückt und ihn dann unter den Teppich gekehrt hat.

Sie ist eine unglaublich mutige Person, die unter den Händen von Mr. McMahon und Mr. Laurinaitis sehr gelitten hat. Frau G. hofft, dass ihre Klage andere Frauen davor bewahren wird, Opfer zu werden. Die Organisation ist sich der Geschichte von Herrn McMahons verwerflichem Verhalten wohl bewusst, und es ist an der Zeit, dass sie die Verantwortung für das Fehlverhalten ihrer Führung übernimmt.“

Unterdessen hat das WSJ keine Statements von McMahon, Laurinaitis oder Lesnar erhalten. 

Bisher hat sich auch TKO noch nicht zu der Klage geäußert. 

Der Artikel im „Wall Street Journal“ ist hier zu finden.


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